Nachlese – Virtuelle interaktive Experten-Patienten-Veranstaltung:
RDS-Patienten fragen – RDS-Experten antworten
Auf unserer virtuellen Experten-Patienten-Veranstaltung 2024 zum Schwerpunktthema „Leaky Gut wird endlich sichtbar: Die Bedeutung der Darmbarriere bei Reizdarm, die Hightech-Diagnose via „Konfokale Laserendoskopie“ & die darauf abgestimmte Behandlung“ wurde – wie die Jahre zuvor – wieder intensiv diskutiert. Die Teilnehmer nutzen die Gelegenheit, um mit den folgenden drei Reizdarmexperten live ihre persönlichen Fragen zu besprechen (oder einfach interessiert zuzuhören):
PD Dr. med. Nicole Bregenzer, Ärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Naturheilverfahren, Tegernheim
Prof. Dr. med. Thomas Frieling, Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Chefarzt der Medizinischen Klinik II des Helios Klinikum, Krefeld
Prof Dr. med. Martin Storr, Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Starnberg
„Gretchenfrage“: Welche Praxen und Kliniken sind auf Reizdarm spezialisiert?
Auch in diesem Jahr war eine der zentralen Fragenstellungen: Wie und wo finde ich den richtige Praxis und/oder Klinik zur professionellen Reizdarm-Therapie? Wie finde ich die Therapeuten, die nicht nur das Reizdarmsyndrom an sich sondern auch mich als Mensch verstehen? Wir, die Reizdarmselbsthilfe (RDSH) e.V. unterstützen unsere Mitglieder bei der Suche nach diesen Reizdarm-Spezialisten in ihrer Region. Wir verfügen über eine bundesweite Datenbank von Spezialisten (Ärzte/Kliniken) mit unterschiedlichen Behandlungsmethoden. Jedes Mitglied erhält nach seiner Registrierung neben weiteren Informationen auch eine Liste mit Spezialisten aus seiner Region.
Über die „Gretchenfrage“ hinaus standen neben unserem Schwerpunktthema der modernen Diagnosemethode „Konfokale Laserendoskopie“ besonders wieder viele persönliche Fragestellungen rund um individuelle Reizdarmproblematiken im Fokus der lebhaften Online-Veranstaltung.
Für alle, die nicht dabei sein konnten, haben wir einige der wesentlichen Fragekomplexe von allgemeiner Relevanz nachfolgend, von unseren Ärzten schriftlich beantwortet, zusammengestellt:
PD Dr. med. Nicole Bregenzer
Wie wird „der Reizdarm“ richtig behandelt?
Auch wenn es diesen Begriff als offizielles Krankheitsbild gibt, so lautet meine Philosophie als ganzheitliche Ärztin: Ich behandle nicht „den Reizdarm“, sondern ich therapiere den Patienten mit seiner individuellen Krankheitsgeschichte und seinen Symptomen. D.h. im Zentrum der Therapie steht die individuelle Behandlung der Beschwerden wie Durchfall, Blähungen, Krämpfe oder Verstopfung.
Womit behandeln Sie als naturheilkundliche Medizinerin Ihre Reizdarmpatienten?
Am Anfang steht immer ein ausführliches Gespräch von etwa einer Stunde. So lerne ich meine Patienten persönlich kennen, bekomme einen ganzheitlichen Einblick in ihren Alltag, ihre Probleme, ihre Reizdarm-Geschichte, ihre Beschwerden und natürlich ihre Wünsche und Ziele. All das ist wichtig und fließt in die maßgeschneiderte Therapie ein. Denn nach der umfangreichen Diagnose kommen anschließend verschiedene Therapiebausteine – immer individuell zugeschnitten – zum Einsatz: Dazu gehören neben Ernährungsumstellungen und Entspannungstechniken auch pflanzliche Arzneimittel beispielsweise aus Pfefferminz, Myrrhe und Kamille. Auch weitere pflanzliche Mittel – wie Oregano-Öl – sind Teil meines Behandlungsplans.
Prof. Dr. med. Thomas Frieling
Was genau ist die „konfokale Laserendomikroskopie“?
Die „konfokale Laserendomikroskopie“ (KLE) ist im Bereich der Reizdarmdiagnose eine interessante Untersuchungsmethode, die bisher aber nur an wenigen Zentren in Deutschland durchgeführt wird und deren klinische Bedeutung noch nicht abgeschätzt werden kann. Damit lässt sich mittels 1000-facher Vergrößerung unter anderem die Funktion der Darmbarriere beurteilen. Eine geschwächte Darmbarriere und damit eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms (auch nichtwissenschaftlich „Leaky Gut“ genannt) wird heute als einer von vielen Entstehungsfaktoren beim Reizdarmsyndrom diskutiert. Wichtig ist dabei zu wissen, dass wir mit der KLE keinen Reizdarm an sich diagnostizieren, sondern ausschließlich Effekte an der Darmbarriere beobachten können. Daraus lassen sich dann beispielsweise Nahrungsmittelunverträglichkeiten ableiten sowie entsprechende Ernährungsumstellungen und Maßnahmen zur Stabilisierung der Darmbarriere einleiten.
Prof. Dr. med. Martin Storr
Gibt es eine Möglichkeit, die Darmbarriere generell zu stärken, z.B. mit dem Einsatz von Medikamenten oder Ähnlichem?
Für die generelle „Stärkung“ einer noch gesunden Darmbarriere gibt es keine belastbaren Daten, sodass ich hier auch nichts gesichert empfehlen kann. Und eine instabile und damit viel zu durchlässige Darmbarriere allein – also das „Leaky Gut-Syndrom“ – ist auch keine eigene Erkrankung, die wir gezielt behandeln. Die instabile Darmbarriere wird immer nur als einer von vielen möglichen Auslösern der Reizdarmbeschwerden wie Durchfall, Krämpfen und Blähungen mitbehandelt. Hier kommen grundsätzlich verschiedene pflanzliche Mittel, wie z.B. Myrrhe und Kaffeekohle in Betracht, wobei nach weitere Forschungen gemacht werden müssen. Kollegen aus Bamberg haben gerade in einer Studie zeigen können, dass bei mehr als 60 % der Reizdarm-Patienten, die mittels konfokaler Laserendoskopie (KLE) untersucht wurden, eine vermehrte Durchlässigkeit festgestellt wurde – und die Behandlung mit pflanzlichen Mitteln hier gute Effekte erzielte.
Wie verlässlich sind die Bestimmungen spezieller Laborwerte wie z.B. von Zonulin zur Diagnose „Leaky Gut“?
Diese Untersuchungen gelten derzeit nicht als medizinisch-wissenschaftlicher Standard, da ihre tatsächliche Aussagekraft noch abschließend bewertet werden muss. Als ein Mosaikstein in der Vielfalt diagnostischer Parameter können sie jedoch die ärztliche Gesamtbewertung unterstützen.