Arzneimittel

Trotz vielfacher Bemühungen auf allen Ebenen der Schul- und Naturmedizin ist bis heute das Mittel gegen das Reizdarmsyndrom, das allen Patienten hilft, nicht gefunden. Ein Grund mag sein, dass das Krankheitsbild eine so große Vielfalt von Symptomen, Ausprägungsgraden und individuellen Auslösern hat. Vieles konnte noch nicht vollständig erforscht werden.

Wir stellen Ihnen hier die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten vor. Die Darstellung der symptomorientierten medikamentösen Therapiemöglichkeiten findet in Anlehnung der empfohlenen Substanzklassen durch die Konsensuskonferenz statt.

Sie müssen sich daraus diejenigen aussuchen, welche für Sie geeignet sind. Probieren Sie gerne etwas Neues, wenn Sie nicht ausreichend Linderung Ihrer Beschwerden verspüren – jede Therapie kann die Chance einer deutlichen Besserung bergen. Die Arzneimittel haben wir unterschieden zwischen verschreibungsfreien und solchen, für die Sie ein Rezept benötigen. Bitte befragen Sie jedoch in jedem Fall Ihren Arzt oder Apotheker, ob das ausgewählte Medikament für Sie geeignet ist. Beim Reizdarmsyndrom sollten Medikamente zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Die aufgeführten Medikamente sind alphabetisch geordnet, die Reihenfolge stellt keine Empfehlungswertung dar.

Bei einigen Medikamenten können Sie durch Anklicken weitere Informationen des Herstellers erhalten.

…… gegen Sodbrennen und Magenbeschwerden
…… gegen Bauchbeschwerden / krampfhafte Bauchschmerzen
…… gegen Völlegefühl und Blähungen
…… gegen Verstopfung
…… gegen Durchfall

… gegen Sodbrennen und Magenbeschwerden

Bei Sodbrennen und Magenbeschwerden empfiehlt sich eine medikamentöse Therapie, um bestimmte Symptome zu lindern. Grundsätzlich sollte das Therapiekonzept individuell angepasst werden und erst nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Viele Arzneimitteltinkturen auf pflanzlicher Basis enthalten Alkohol, was bei sehr empfindlichem Magen Unverträglichkeiten hervorrufen kann und für Patienten mit Alkoholproblemen zudem kontraindiziert sein kann.

Bei Übersäuerung, die dem Sodbrennen zugrunde liegt, werden häufig Säurebinder (Antacida) eingesetzt, die eine Neutralisation des aggressiven Magensaftes bewirken. Die meisten davon sind mineralische Magnesium-, Calcium- und/oder Aluminiumsalze (z.B. Gaviscon®, Gelusil®, Maaloxan®, Riopan®, Solugastril®, etc.)

  • Ein anderes Therapiekonzept stellen die verschreibungspflichtigen Substanzen dar, die wie die Antihistaminika Einfluß auf die Reizleitung am Magen nehmen. Dazu gehören Cimetidin, Famotidin, Nizatidin und Ranitidin,

oder

  • wie die Protonenpumpenhemmer, die Salzsäureproduktion unterdrücken (z.B. Lansoprazol, Omeprazol und Pantoprazol)

Bei Übelkeit, Brechreiz oder Völlegefühl können Medikamente zur Beschleunigung der Magenentleerung wie das verschreibungspflichtige Metoclopramid eingesetzt werden. Eine ähnliche Wirkung hat eine breite Palette von Heilpflanzen, welche in verschiedenen Kombinationen ihren Einsatz findet: Präparate, die Extrakte von Kümmel, Anis, Fenchel, Kamille, Süßholz, Wermutkraut, Enzian, Melisse, Kalmus, Engelwurz, Angelikawurzel enthalten (z.B. Iberogast, Gastritol® Abdomilon® N und andere). Schmerzen und Krämpfe im Oberbauch, Magendrücken und Völlegefühl, Durchfall oder Verstopfung sind oft Zeichen eines sensiblen Magens oder Darms. Diese Kräuter harmonisieren die Nerven des „Bauchhirns“. Oft wirken sie schnell und bekämpfen so die Ursache und Symptome gleichermaßen.

… gegen Bauchbeschwerden / krampfhafte Bauchschmerzen

Aktuelle Forschungsergebnisse der Universitäten Leipzig und München zeigen unabhängig voneinander, dass Myrrhe in Kombination mit Kamille und Kaffeekohle (Myrrhinil-Intest®) Darmkrämpfe erfolgreich lindern kann, was besonders Patienten mit chronischen Darmerkrankungen wie Reizdarm hilft (www.myrrhinil.de).

Anticholinerika sind besonders wirksam bei akuten krampfartigen Schmerzzuständen z.B.Buscopan®

Auch Muskelrelaxanzien wie Mebeverin (Duspatal®, Mebeverin PUREN® – vormals Mebeverin dura®) und Pfefferminzölpräparate sind bei diesem Schmerztyp empfehlenswert. Krampfartige Bauchschmerzen können aber auch mit pflanzlichen Kombinationsmitteln wie Iberogast® behandelt werden.

Ebenfalls krampflösend wirkt Schöllkrautextrakt durch die darin enthaltenen Alkaloide. Auch die Anwendung von japanischem Heilpflanzenöl oder der so genannten Heilerde wird von vielen Patienten als beruhigend und schmerzlindernd beschrieben.

Schmerzen und Krämpfe im Oberbauch, Magendrücken und Völlegefühl, Durchfall oder Verstopfung sind oft Zeichen eines sensiblen Magens oder Darms.

… gegen Völlegefühl und Blähungen

Blähungen können sich als Abgang von Winden bemerkbar machen, aber auch festsitzende Gasansammlungen sein, die gegen das Zwerchfell drücken und sogar Herzbeschwerden machen. Ziel jeder medikamentösen Behandlung ist entweder die Verhinderung von Gasbildung oder die Erleichterung der Gasausscheidung.

Wodurch wird das Gas gebildet? Es ist natürliches Nebenprodukt der Verdauungstätigkeit und normalerweise nicht störend. Liegt aufgrund einer exokrinen Pankreasinsuffizienz jedoch ein Mangel an Verdauungsenzymen vor, können diverse Nahrungsmittel nicht ausgenutzt werden und werden erst im Darm von den dort befindlichen Bakterien unter erhöhter Gasbildung zersetzt. In solchem Fall kann die Zufuhr von Verdauungsenzymen helfen (z.B. Cotazym®, Enzymed®, Kreon®, NORTASE®, Ozym®, Pankreon®, Panpur® u.a.). Eine erste Einschätzung bezüglich des Risikos einer exokrinen Pankreasinsuffizienz finden Betroffene hier:https://www.nortase.de/selbsttest/

Festsitzende Gasansammlungen sind meist feinblasiger Schaum, den man versucht durch Entschäumungsmittel, die Silikone, beizukommen. Diese oberflächenaktiven Substanzen lassen die kleinen Gasbläschen in einander fließen, wodurch größere Gasblasen entstehen, die leichter weiter zu transportieren und auszuscheiden sind. Zu dieser Arzneimittelgruppe gehören die Substanzen Dimeticon und Simethicon (z.B. Ceolat®, Elugan®, Lefax®, sab simplex® u.a.).

Auch pflanzliche Extrakte werden seit alters her als Blähungstreiber benutzt. Solche Pflanzen sind Pfefferminze, Anis, Fenchel, Kümmel, Artischocke und Melisse. Meist werden sie in Teeform angewendet, doch gibt es auch entsprechende Monopräparate: Medacalm® (= Pfefferminze), Gastrovegetalin® (= Melisse), Hepar® SL (= Artischocke) oder Kombinationen: Carminativum® Hetterich, Enteroplant®, Iberogast®, Lomatol® u.a.

Eine aktuelle deutsche Studie an Reizdarmpatienten hat gezeigt, dass auch ein pflanzliches Kombinationsarzneimittel mit Myrrhe bei der Behandlung von Durchfall gut wirksam, sicher und verträglich war. Neben der Besserung der Durchfallbeschwerden profitierten diese Patienten vor allem von einer deutlichen Reduktion der oft belastenden Blähungssymptomatik, die die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt.

… gegen Verstopfung

Verstopfung ist ein Leiden, gegen das es wegen seiner Häufigkeit eine Unzahl der verschiedensten Arzneimittel gibt. Wichtig zu wissen ist, dass Verstopfung auch eine Nebenwirkung sein kann durch die Einnahme von: Antidepressiva, Eisenpräparaten, Blutdruckmitteln, Opiaten, Neuroleptika, aber auch Aspirin. Die gesündesten sind Ballaststoff-Präparate. Sie werden ergänzend zur Nahrung gegeben und reichern dieselbe mit unverdaulichen Faserstoffen an. Dadurch wird der Stuhl aufgelockert und leichter auszuscheiden. Die Wirksamkeit ist aber nur dann gegeben, wenn sehr viel Flüssigkeit zu den Ballaststoff-Präparaten genommen wird.

Zu den mildesten Abführmitteln gehören Leinsamen, Indischer Flohsamen (z.B. Flosa®, Flosine®, Metamucil®, Mucofalk® etc.)

Sogenannte salinische Präparate ziehen aufgrund des osmotischen Druckes Wasser in den Darm und machen den Stuhl so geschmeidiger. Von Mineralsalzen wie Bitter- und Glaubersalz wird heute wegen gesundheitsschädlicher Nebenwirkungen abgeraten!!

Besser sind Lactose (Milchzucker), Lactulose und Macrogol (z.B. Movicol®, Endofalk®, Isomol®), gleichartig wirkende Substanzen, die keine unerwünschten Effekte zeigen.

Bei den motilitätsfördernden Mitteln / Prokinetika unterteilt man in pflanzliche und chemische Mittel.

Iberogast® ist das pflanzliche motilitätsfördernde Kombinationsmittel und bei den chemischen gibt es verschiedene Mittel in den Substanzklassen DOMPERIDON und METOCLOPRAMID.

Eine geschädigte Darmflora kann auch zu Verstopfung führen.
Arzneimittel mit Mikroorganismen enthalten Keime wie E.-coli Nissle, Lactobazillen, Saccharomyces boulardii, S. fäcalis, welche wichtige Aufgaben im Verdauungsprozess erfüllen und ihn beschleunigen können. Entsprechende Präparate sind Colibiogen®, Hylak®, Mutaflor®, Symbioflor®.

Bei den echten Laxantien gibt es sowohl pflanzliche wie chemische. Es gibt viele Pflanzen mit abführenden Eigenschaften. Entsprechend groß ist das Spektrum der angebotenen Präparate. Meist sind es Kombinationen der gebräuchlichen Extrakte aus Aloe, Sennesblättern, Faulbaum, Rhababer und Kreuzdorn. Markennamen sind u.a.: Alasenn®, Depuran® N, Kräuterlax® A, Liquidepur®, Midro Tee®, Neda®. Allen gemeinsam ist eine relativ lange Zeit bis zum Wirkungseintritt (8-10 Stunden). Man nimmt sie daher vorzugsweise abends.

An chemischen Abführmitteln sind heute am gebräuchlichsten Bisacodyl (z.B. Agaroletten®, Dulcolax®, Laxanin®N, Laxbene®, STADAlax®, Tirgon®N) und Natriumpicosulfat (u.a. Agiolax®, Dulcolax®NP, Laxoberal®). Die chemischen Abführmittel wirken etwas schneller als die pflanzlichen – binnen 4-6 Stunden. Bisacodyl kann zudem als Zäpfchen verwendet werden, wobei die Wirkung bereits nach 30-60 Minuten eintritt.

Im Zweifelsfall sollte man durch Ausprobieren herausfinden, welches Präparat am besten vertragen wird. Die pflanzlichen Abführmittel sind dabei nicht automatisch als „mild“ und „unschädlich“ zu bevorzugen! Es handelt sich dabei genauso um Arzneimittel wie bei den chemischen Substanzen. Beide sollten also nur hartnäckigen Fällen vorbehalten bleiben und in der Schwangerschaft nicht verwendet werden.

… gegen Durchfall

Obwohl der Reizdarm-bedingte Durchfall nichts mit dem typischen Reise-Durchfall gemeinsam hat, ist bei der Therapie zunächst an Flüssigkeits- und Mineralersatz zu denken, um weitere Gesundheitsschäden zu vermeiden. Am einfachsten ist das „Hausmittel“ 2-3 Liter kohlensäurefreies Mineralwasser mit Salzstangen.

Um den Durchfall selbst zu stoppen, kann man es zunächst auch wieder mit Quellstoffen versuchen. In diesem Fall wirken sie wasserbindend und dicken den Stuhl ein. Es sollten keine Ballaststoffe wie Fasern oder Kleie zum Einsatz kommen, da diese den Darm weiter reizen. Am besten eignen sich Schleimbildner wie die Flohsamenschalen (Agiocur®, Flosa®, Metamucil®, Mucofalk®).

Auch pflanzliche Kombinationsmittel haben sich bewährt. So hat eine aktuelle offene, multizentrische Praxisstudie gezeigt: Ein pflanzliches Mittel aus den drei Arzneipflanzen Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle ist bei der Behandlung von Durchfallerkrankungen gut wirksam. Kaffeekohle besitzt aufsaugende und zusammenziehende Eigenschaften und bindet als „Aktivkohle der besonderen Art“ Gase, Bakterien und deren giftige Abbauprodukte. Durch die große Oberfläche der Kaffeekohle können schädliche Stoffe gebunden und ausgeschieden werden. Die Wirkung der Myrrhe ist sehr vielfältig: krampfstillend, entzündungshemmend, beruhigend, austrocknend, blähungsmindernd sowie wundheilend und antibakteriell. Die Kamillenblüten wirken entzündungshemmend, antimikrobiell und unterstützen die Wirkung von Myrrhe und der Kaffeekohle. Diese Pflanzenkombination ermöglicht einen synergistischen Wirkmechanismus auf mehreren Ebenen, der auch als „Multi-Target-Wirkung“ bekannt ist. Das pflanzliche Mittel sorgt somit für eine Aktivierung der Magen-Darm-Schleimhaut und reduziert die Entzündungsanfälligkeit der Schleimhaut. Im Gegensatz zu „Darmstoppern“ wie Loperamid kann das Myrrhe-Präparat auch frühzeitig über mehrere Wochen lang täglich eingenommen werden.

Manchmal kann es hilfreich sein, die innere Oberfläche des Darmes, die sich bei Durchfall entzündlich verändert, durch Gerbstoffe „abzudichten“. Ein Hausmittel ist starker, schwarzer Tee, der lange ziehen muss. Früher trank man auch Eichenrindentee, den es in der Apotheke gibt. Wer keinen Tee mag, kann versuchen, sich mit Präparaten wie Tannacomp® oder Tannalbin® zu helfen. Aktivkohle macht bei Reizdarm-Durchfällen keinen Sinn, da das Symptom nicht durch Giftstoffe, sondern durch eine nervliche Fehlregulation hervorgerufen wird.

Helfen die Schleimbildner nicht oder ist der Durchfall zu heftig, kann Loperamid zum Einsatz kommen (Imodium®, Loperamid ratiopharm®, Lopedium®), das es zum Teil zwar heute rezeptfrei gibt, jedoch nur auf Befragen des Arztes eingenommen werden sollte. Muss die Wirkung möglichst schnell eintreten und kurzzeitig sein, kann die Tropfenform gewählt werden, welche eine ganz individuelle Dosierung erlaubt.

In besonders schweren Fällen kann Opiumtinktur helfen. Sie muss in jedem Fall vom Arzt verordnet werden. Opiumtinktur fällt unter das Betäubungsmitttelgesetz, dennoch ist eine Scheu vor dieser wirkungsvollen Hilfe bei starken Durchfällen nicht angebracht. In der Dosierung wie vom Arzt verordnet und bei Beachtung der Vorschriften sind Rauschzustände oder eine Abhängigkeit nicht zu erwarten.

Gegen Durchfall kann man auch Lacteol nennen. Lacteol ist ein natürliche Antidiarrhoikum mit probiotischen Effekten unter anderem: Ausbildung eines schützendes Biofilms zur Hemmung der Adhäsion und Invasion von pathogenen Bakterien und Viren, antibakterielle Wirkung, Stimulierung der Immunabwehr im Darm, Regenerierung der natürlichen Darmflora.

Unterstützend für die Vorbeugung gegen Durchfälle können auch Arzneimittel mit Mikroorganismen eingesetzt werden. Sie enthalten Keime wie E.-coli Nissle, Saccharomyces boulardii, Lactobazillen oder S. fäcalis, welche wichtige Aufgaben im Verdauungsprozess erfüllen. Entsprechende Präparate sind Colibiogen®, Hylak®, Mutaflor®, Symbioflor®.

Immer mehr hat sich gezeigt, dass bei funktionellen Magen-Darmerkrankungen sehr niedrig dosierte Antidepressiva sehr gut wirken. Sie wirken in dieser Dosierung nicht antidepressiv, sondern greifen in die Neuromodulation im Darm ein.

Partiell-hydrolysiertes Guarkernmehl (PHGG) bei Reizdarm

PHGG ist in Bezug auf die Symptomreduzierung bei Reizdarm mit einer ballaststoffreichen Ernährung vergleichbar. Dabei ist PHGG durch die langsame Fermentation der Darmbakterien verdaulich besser verträglich als die meisten Ballaststoffe und besitzt folgende evidenzbasierte Vorteile:

  • Bei einer täglichen Einnahme kann PHGG wirksam bei der Verringerung von Blähungen bei Reizdarm sein.
  • PHGG kann nachweislich bei Verstopfung helfen und als vorbeugende Maßnahme gegen auftretenden Durchfall bei der Behandlung mit abführenden Mitteln wirken.
  • Eine tägliche PHGG-Supplementierung mit 5 g pro Tag kann die Stuhlkonsistenz bei Diarrhö bereits verbessern.

Zudem bietet sich PHGG als hervorragende Möglichkeit zur Supplementierung während einer Eliminationsdiät wie Low-FODMAP an. Weiterhin eignet sich der präbiotische Ballaststoff als begleitende Maßnahme bei einer Behandlung durch Probiotika. MIBIOTA® EASYibs: www.mibiota.de